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14.04.2024

Franz-Bobzien-Preis 2024 vergeben

Erste Berührungspunkte mit dem Gedenken an die Shoa: Der diesjährige Franz-Bobzien-Preis ehrt Jugendreiseprojekt zur Gedenkstätte Auschwitz. Der 2. Platz ging an die Initiative "Wittstock bekennt Farbe", der 3. Platz an die AG Spurensuche aus Spremberg.

Zum achten Mal haben die Stadt Oranienburg und die Gedenkstätte Sachsenhausen am Sonntag, 14. April den Franz-Bobzien-Preis vergeben. Ausgezeichnet wurde eine Reise für Jugendliche zur Gedenkstätte Auschwitz, organisiert durch die Jugendbegegnungsstätte Flecken Zechlin im Norden Brandenburgs. Die Reise führte jungen Menschen direkt und unmittelbar die Gräueltaten der NS-Diktatur und das Sterben tausender unschuldiger Menschen vor Augen. Das Besondere: Es nahmen Jugendliche teil, deren Herkunft und Kultur sie vorher nie mit dem Thema Holocaust in Verbindung gebracht hat. Teilnehmerinnen stammten zum Beispiel aus Syrien oder Palästina.

Staatssekretär hält Laudatio auf Gewinnerprojekt

Für den Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur Tobias Dünow, der den Preis übergab und die Laudatio hielt belegt das Projekt, dass auch in vielfältigen Gesellschaften Demokratie und gemeinsame Werte vermittelt werden können. „Eine Reise nach Auschwitz lehrt uns, dass jeder Mensch, unabhängig seiner Herkunft, verletzlich ist und Opfer werden kann“, so Dünow. „Wir haben die gemeinsame Verantwortung, dass sich etwas wie der Holocaust nie wiederholt“

Zu den Gästen der Preisverleihung gehörten der Landtagsabgeordnete Björn Lüttmann, Stadtverordnetenvorsteher Dirk Blettermann und mehrere Oranienburger Stadtverordnete, sowie als Gastgeberin die stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte Sachsenhausen Dr. Astrid Ley.

Zweiter Platz geht nach Wittstock

Der zweite Platz beim Franz-Bobzien-Preis ging an die Initiative „Wittstock bekennt Farbe“. Seit mehr als 20 Jahren bemüht sich das Bündnis um ein Klima von Toleranz, Weltoffenheit und Menschlichkeit im brandenburgischen Wittstock. Die Mitglieder stoßen die Verlegung von Stolpersteinen an, organisieren Gedenkveranstaltungen, Lesungen, Feste, Bürgerdialoge und Vorträge.

„Die aktuell in Deutschland stattfindenden Demonstrationen gegen Hass und Rechtsextremismus sind wichtig. Wir dürfen darüber aber nicht übersehen, dass viele Menschen, Vereine und Initiativen sich schon seit Jahren für unsere Demokratie einsetzen, vor allem unter schwierigen Bedingungen im ländlichen Raum“, so Bürgermeister Alexander Laesicke.

Dritter Platz für AG Spurensuche aus Spremberg

Mit dem dritten Platz wurde die Arbeitsgemeinschaft Spurensuche aus Spremberg ausgezeichnet. Die AG der evangelischen Kirchgemeinde hat die Biografien von Spremberger Bürgerinnen und Bürgern erforscht, die während der NS-Diktatur verfolgt wurden. Die Lebensgeschichten wurden durch die Verlegung von Stolpersteinen, Darstellung in sozialen Medien, durch Gedenkveranstaltungen und eine Webseite bekannt gemacht. „Die Vielfalt genutzter Medien und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit einer tschechischen Partnergemeinde hat die Jury beeindruckt“, so Dr. Ley bei ihrer Laudatio zum dritten Platz.

Mehr als 50 Bewerbungen zum Franz-Bobzien-Preis 2024 fanden ihren Weg in das Büro des Bürgermeisters. Das ist bisheriger Rekord.

„Das Gefühl, dass unsere Demokratie wehrhaft und stabil sein muss und aktiv gestärkt werden muss, scheint nicht allein mein Gefühl zu sein. Unsere Preis-Ausschreibung hat noch nie so viel Widerhall gefunden wie in diesem Jahr. Die Vielfalt nimmt mir ein kleines Stück meiner Sorge um die Zukunft unserer Demokratie“, so Bürgermeister Laesicke im Rahmen der Preisverleihung.

Prominente Jury, mehr als 50 Bewerbungen

Der Jury gehören neben Bürgermeister, Stadtverordnetenvorsteher und Gedenkstätte auch der Zentralrat der Juden, das Tolerante Brandenburg, der DGB, die Arbeitsgemeinschaft Lager Sachsenhausen, das Sachsenhausen-Komitee, das Brandenburger Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Rassismus, die Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung, Nachkommen von Franz Bobzien sowie der Tagesspiegel als Medienpartner an. Beim entscheidenden Jurytreffen sprachen sich die Mitglieder auch für die spezielle Erwähnung zweier Einzelbewerber aus. Philipp Ziems, der mit viel persönlichem Einsatz eine Webseite betreut, die inzwischen fast alle Gedenkorte in Brandenburg darstellt und Peter John Lind, ein pensionierter Lokführer, der sich seit Jahrzehnten mit dem Widerstand von Eisenbahnern gegen die Nazis befasst. Beide Bewerber, sowie mehrere andere eingereichte Projekte wurden bei der Preisverleihung vorgestellt und gewürdigt.

 

Zum Hintergrund: Franz-Bobzien-Preis

Alle zwei Jahre vergeben die Stadt Oranienburg und die Gedenkstätte Sachsenhausen gemeinsam den Franz-Bobzien-Preis, um damit Projekte in Brandenburg und Berlin auszuzeichnen, die sich für Demokratie und Toleranz starkmachen und dabei auch die Aufarbeitung des Nationalsozialismus im Blick haben. Dotiert ist die Auszeichnung mit 3000 Euro, Schirmherr ist der Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Dr. Dietmar Woidke. Franz Bobzien war im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. Er hat sich in seiner eigenen Leidenszeit bis zu seinem Tod für seine Mithäftlinge eingesetzt und ist als Symbol für Menschlichkeit in einer Zeit der Barbarei Namensgeber für diesen Preis geworden.