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30.03.2020

Gedenkstätte: Kompromiss für Verkehrs- und Besucherführung gesucht

Es ist ein ungelöstes Problem: Die Busanbindung und die Lenkung der Besucher zur Gedenkstätte Sachsenhausen. Die Bemühungen der Beteiligten führten bislang zu keiner Übereinkunft. Mehrere Lösungsvorschläge der Stadt blieben bislang ebenfalls ohne durchschlagenden Erfolg.

Die Gedenkstätte Sachsenhausen ist ein wichtiger Ort nationaler und internationaler Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit. Für die Anwohner bedeutet die direkte Nachbarschaft zur Gedenkstätte aber auch Lärm, Abgas, Müll und Erschütterungen. Denn die meisten der jährlich rund 800 000 Gäste der Gedenkstätte kommen in Bussen, die durch ihr Wohngebiet fahren. Seit Jahren bemüht sich die Stadt Oranienburg um eine Verbesserung der Verkehrs- und Besucherführung, welche die Anwohner entlastet und zugleich den Interessen der Gedenkstätte gerecht wird. Im Haushaltsplan der Stadt wurden 40 000 Euro eingestellt, die für die Erarbeitung einer dauerhaften Lösungsfindung eingesetzt werden sollen. Eine alle Beteiligten zufriedenstellende Einigung steht aber nach wie vor aus.

Erste kleine Maßnahmen wurden bereits umgesetzt. So wurden zusätzliche Mülleimer aufgestellt, um die Abfallmengen, die die vielen Besucher in den Wohnstraßen hinterlassen, zu deponieren. Zudem wurden zwei Geschwindigkeitsanzeiger installiert. Viel Hoffnung richtet sich nun auf das Einrichten einer Wendeschleife für den Busverkehr. Eine entsprechende Entwurfsplanung wurde von der Stadt auf Vorschlag der Gedenkstätte in Auftrag gegeben. Die Wendeschleife soll auf der Grünfläche zwischen der Straße der Nationen und dem Sandhausener Weg entstehen. An dieser könnten dann künftig Linienbusse sowie auch Shuttle-Busse halten.

Die Anwohnerinitiative „AWI“ begrüßt diesen Vorschlag, führt er einen Großteil des Busverkehrs doch aus ihrem Wohngebiet heraus. Die neue Haltestelle bedeutet für die Besucher der Gedenkstätte aber auch einen längeren Fußweg von 200 Metern. Dr. Axel Drecoll, Leiter der Gedenkstätte Sachsenhausen, sieht damit die Barrierefreiheit des Zugangs zur Gedenkstätte beeinträchtigt. Als Ausgleich wünscht er sich einen weiteren Shuttle- Bus, der die Gedenkstätte einmal stündlich direkt anfährt und somit jene Gäste, die nicht gut zu Fuß sind, auch ohne längeren Fußweg ans Ziel bringt. Dieser Wunsch stößt wiederum auf Ablehnung bei den Anwohnern, denn der Shuttle-Bus würde erneut zu regelmäßigem Busverkehr in der Straße der Nationen führen.

Eine große Herausforderung für alle Beteiligten stellt auch die An- und Abfahrt der Reisebusse dar. Der momentan genutzte Parkplatz ist längst zu klein. Die Gedenkstätte schlägt einen neuen Parkplatz am Standort des einstigen Industriehofes vor. Die Zufahrt der Reisebusse müsste dann aber über den Schäferweg und somit wieder zu Lasten der Anwohner erfolgen. Die Anwohnerinitiative reagierte dementsprechend ablehnend auf den Plan.

Eine mögliche Lösung erblickt die Anwohnerinitiative bei der geplanten Erweiterung des Besucherinformationszentrums. Mit einer Verlagerung des momentanen Standortes, könnte zugleich ein neuer Eingangsbereich geschaffen werden, so dass die Busse nicht mehr das Wohngebiet durchfahren müssten. Auch die Stadtverwaltung wirbt schon seit längerem für eine Anbindung eines Busparkplatzes über die Carl-Gustav Hempel-Straße, um die Anwohner zu entlasten. Sowohl die Gedenkstätte als auch das Kultusministerium des Landes Brandenburg, welches die Gedenkstätte zusammen mit der Bundesrepublik trägt, lehnen dieses Ansinnen ab und verweisen auf die historische Bedeutung des Zugangs zur Gedenkstätte. Die Lagerinsassen der NS-Zeit hatten den Fußweg durch die Wohnstraße nehmen müssen. Das Nachvollziehen dieser Route durch den originalen Eingang sei ein wesentlicher Bestandteil des Gedenkstättenbesuches, so die Begründung.

Eine aktivere Beteiligung des Landes Brandenburg an der Erarbeitung eines neuen Anschließungskonzeptes wäre wünschenswert, blieb bislang aber aus. Derweil bemüht sich auch die Gedenkstätte um eine Lösung des Problems. Bei der inzwischen ausgeschriebenen architektonischen Neuplanung des Besucherinformationszentrums soll die Verbesserung der Bus- und Besucherlenkung nun von externen Planern in den Blick genommen werden. Aber auch das braucht Zeit.