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04.02.2022

Halbzeit-Interview mit Bürgermeister Alexander Laesicke 

Bürgermeister Alexander Laesicke zieht im Gespräch Zwischenbilanz seiner aktuellen Amtszeit.

Was waren die wichtigsten Themen in den vier Jahren, um die Sie sich gekümmert haben?

Als erstes muss ich einmal betonen, dass sich die Stadt auch bei meiner Amtsübernahme sehen lassen konnte. Ein Haushalt, der Möglichkeiten zur Gestaltung bietet, eine gut funktionierende Stadtverwaltung oder allein der Umstände, dass wir über den Neubau von Kitas und Schulen entscheiden dürfen und nicht über deren Schließung, sind keine Selbstverständlichkeit. Ich habe ein gut bestelltes Feld übernommen und habe großen Respekt vor dem Schaffen aller Verantwortungsträger.

Es ist nicht leicht, Themen hervorzuheben, ohne andere zurückzusetzen. Auch in Oranienburg haben uns einige bundesweite Trends beschäftigt: Digitalisierung, Klimaschutz und Klimawandel, Fachkräftemangel, dazu unser Schicksalsproblem, die Oranienburger Bombenlast und natürlich der Umgang mit Corona.

Was haben Sie bzw. die Stadtverwaltung in den vier Jahren erreicht?

Das Haushaltsvolumen lag 2018 zu meiner Amtsübernahme bei rund 100 Millionen Euro 2022 planen wir mit etwa 130 Millionen, die Bevölkerungsentwicklung von unter 45.00 Einwohnerinnen und Einwohnern vor 4 Jahren auf inzwischen mehr als 47.500 Menschen spricht ebenfalls für sich. Wir haben einige große Infrastrukturprojekte gestemmt, wie den Neubau des Bahnhofsplatzes, der Dropebrücke oder mit Blick in die nähere Zukunft der Grundschule Friedrichsthal und der Friedenthaler Schleuse. Die systematische Bombensuche wird weiter forciert. Und persönlich habe ich mich ganz besonders über unsere neue Städtepartnerschaft mit Kfar Jona in Israel gefreut.  Das alles konnte nur durch den gemeinsamen Einsatz vieler Verantwortlicher gelingen.

Was waren die größten Herausforderung in Ihrer bisherigen Amtszeit?

Die Konzernumstrukturierung, also eine Neuordnung unserer Tochterunternehmen unter einer Dachgesellschaft, einer Holding, deren Gründungsphase in den Beginn meiner Amtszeit fiel, war mit sehr vielen Auseinandersetzungen verbunden, die ersten erfolgreichen Jahresabschlüsse sind nun bestätigt. Eine Verbesserung der Konzernstrukturen wird uns zwar auch weiterhin beschäftigen, aber eine funktionierende Basis ist erreicht.

Die Hälfte meiner Amtszeit war bisher durch die Pandemie geprägt und wurde dadurch beeinträchtigt. Neben der Verunsicherung und einer zwischenzeitlich regelrecht gereizten Atmosphäre, mussten wir lernen, wie Verwaltung oder politische Arbeit unter Pandemiebedingungen überhaupt möglich sind und wir mussten schnellstmöglich die technischen Voraussetzungen schaffen. Was all das für Kitas und Schulen, Stress für Eltern oder Pflegekräfte, den ohnehin schon durch Onlinekäufe geschwächten Einzelhandel in der Innenstadt oder auch für die Geselligkeit in unserer Stadt bedeutet und alldiejenigen, die davon leben, mussten wir schmerzvoll erfahren. Ich hoffe, wir werden bald die Pandemie überwunden haben und werde alles dafür tun, dass die Menschen in unserer Stadt wieder beschwingter und zuversichtlicher werden.

Wer oder was hat Ihnen in den vier Jahren am meisten imponiert?

Ich habe noch mehr Respekt vor der Lebensleistung meines Amtsvorgängers, meines eigenen Vaters bekommen. Ich durfte aber auch beeindruckende Persönlichkeiten, wie unseren Ehrenbürger Prof. Blumenthal, kennenlernen. Ich werde auch nicht diejenigen vergessen, die mir beiseite standen, wenn der Wind mal von vorne kam. Unsere Stadt funktioniert nur, wenn die richtigen Leute an der richtigen Stelle wirken, etwa unsere Leuten vom Stadthof oder vom Außendienst des Ordnungsamtes, die auch bei Wind und Wetter ihre Freundlichkeit nicht verlieren.

In vielen Bereichen, nicht nur in unserer Stadtverwaltung, findet gerade ein Generationswechsel statt, so dass recht junge und unerfahrene Führungskräfte sehr viel Verantwortung übernommen haben. Ich freue mich, wie sehr junge Leute über sich hinausgewachsen sind und wie schnell sie sich entwickelt haben.

Wie sah und sieht Ihr Arbeitsalltag unter Corona aus?

Während ich das schreibe, bin ich in Quarantäne mit meiner Familie. Einen Alltag gibt es in der Form aber kaum. Beim ersten Lockdown stand die Welt gefühlt still, phasenweise mussten wir uns auf die digitalen Möglichkeiten beschränken. Wir alle müssen uns ständig neu arrangieren, müssen viel improvisieren, mit Unsicherheiten umgehen. Das ist Stress, aber wir lernen auch zunehmend, damit besser zurechtzukommen. Wir nehmen es eben, wie es kommt. Was wollen wir klagen?

Wer sind Ihre engsten Berater, mit wem tauschen Sie sich am meisten aus?

Es gibt einige Menschen, deren Wort ich besonders ernst nehme, natürlich aus der Verwaltungsspitze, aber auch Fachleute aus ihren Bereichen, mein Kernteam, das meinen Arbeitsalltag organisiert, natürlich die Familie und vor dem Altbürgermeister noch meine Frau.

Was haben Sie in den nächsten vier Jahren vor, wo werden Sie Schwerpunkte setzen?

Stadtentwicklung ist etwas langfristiges. Neben den Themen, die mich schon in den letzten vier Jahren besonders beschäftigt haben, steht die Entwicklung einiger prominenter Flächen in der Innenstadt im Fokus, etwa um die Rungestr. und die Bernauer Str. und die Pläne für das Hotel Eilers, auch Kita- und Schulneubau bzw. Erweiterungen, der Straßenbau, ich will an das Straßenausbauprogramm erinnern oder auch das komplexe Thema Feuerwehr. Wir haben neben der Kernstadt auch acht Ortsteile mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen. Ganz global: Oranienburg soll eine weltoffene, wohlhabende, klimafreundliche und lebensfrohe Stadt sein, in all ihren Facetten.

Gibt es etwas, das Sie anders machen werden als in den vergangenen vier Jahren?

Ganz sicher. Ich habe auch Lehrgeld bezahlt. Manchmal hätte ich geduldiger sein müssen, an anderer Stelle ungeduldiger. An mancher Stelle hätte ich mehr vertrauen sollen und an anderer weniger. Zunehmendes Alter hat zwar auch Nachteile, aber ich bin froh über meine wachsende Lebenserfahrung. Und voraussichtlich werde ich mir in Zukunft auch nicht wieder die Haare färben.

Worauf freuen Sie sich am allermeisten?

Auf die Aufbruchsstimmung, wenn wir merken, dass wir die Pandemie überwunden haben.

Ist der Bürgermeister-Job insgesamt so, wie Sie ihn sich vorgestellt haben?

Es ist etwas anderes, wenn man das Steuer selbst in der Hand hält, wenn man selbst öffentlich bewertet wird und wenn man selbst die Konsequenzen für gewichtige Entscheidungen oder Statements tragen muss. Ich habe aber soviel Freude an dem Amt, wie ich es mir erhofft habe.

Mir ist es wichtig, mich immer auch zu hinterfragen. Kritik kann gerade im politischen Raum ungerecht sein und manchmal kann man sich nur aussuchen, ob man die Ohrfeige von der einen oder von der anderen Seite bekommt, manchmal muss ich auch für Dinge gerade stehen, die ich mir persönlich nicht zuschreibe. Ich lege großen Wert auf die Einschätzung meiner Vertrauten und ich pflege mein Familienleben und wichtige Freundschaften, die mich erden. Besonders wichtig ist mir, dass ich mir immer im Spiegel in die Augen sehen kann.

Sind Sie noch aufgeregt, wenn Sie in eine politische Sitzung gehen oder einen wichtigen prominenten Besuch bei sich haben?

Ich erinnere mich noch sehr an meinen ersten Hauptausschuss und gleich waren mehrere Bürgerinitiativen vor Ort, die für ihre Interessen eingetreten sind. Ich ging durch die große Tür und den vollen Saal und habe versucht gelassen zu wirken. Das hat recht schnell auch gut funktioniert, weil ich immer auf Unterstützung von sehr kompetenten und vertrauten Menschen bauen kann. Das gibt Sicherheit, aber eine gewisse Anspannung und Aufgeregtheit bleibt und ist auch wichtig.

Was mögen Sie persönlich am liebsten in Oranienburg und warum leben Sie gern hier?

Oranienburg ist meine Stadt. Die Berliner Luft kommt noch an, aber wir sind auch weit genug draußen, hier kennt man sich noch, aber es ist nicht beengt, Oranienburg ist ein historisch, landschaftlich und kulturell sehr spannender und aufblühender Ort, der mit Veränderungen in der jüngeren Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht hat. Und die Mentalität der Menschen entspricht mir. Oranienburg ist mein Zuhause.