Lehnitz
Der größte Ortsteil Lehnitz grenzt unmittelbar an die Kernstadt Oranienburg an und befindet sich zwischen Lehnitzsee und Havel sowie direkt an der L 211.
Eine Seite Wald, eine Seite Wasser - der Ortsteil Lehnitz erstreckt sich entlang des östlichen Ufers des Lehnitzsees, umgeben von Mischwäldern, die sich kilometerweit bis zu den benachbarten Orten Schmachtenhagen, Summt und Borgsdorf ausdehnen. Der Lehnitzsee ist ein schmaler so genannter Toteissee - mit seinen 2,3 Kilometern Länge und bis zu 450 Metern Breite, klarem Wasser und schönen Sandstränden ist er vielen Erholungshungrigen ein idyllischer Platz.
Lehnitz wird durch den Verlauf der Bahnstrecke in Lehnitz-Nord und Lehnitz-Süd geteilt, wobei die Mehrzahl der ca. 3100 Einwohner im nördlichen Teil ihren Wohnsitz haben. Während das südliche Gebiet fast ausschließlich von Wohnbebauung und Erholungsgrundstücken geprägt ist, sind im nördlichen Teil die Grundschule, die Kita, das Kulturhaus "Friedrich Wolf", das Mitte der 90er Jahre im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen "Ortsmitte" umfangreich instandgesetzt und modernisiert wurde, zu finden. Weiterhin sind hier Kleingewerbe, Handel, Dienstleistungen und Gastronomie sowie 2 Ärzte ansässig. Ebenfalls nördlich der Bahnstrecke befindet sich das Gewerbegebiet Nord. Hier haben sich inzwischen mehrere Gewerbetreibende angesiedelt.
Durch die zahlreichen infrastrukturellen Maßnahmen wie z.B. der Bau der zentralen Abwasserkanalisation, Straßen- und Gehwegbau, aber auch die gute Verkehrsanbindung, hat der Ortsteil für Einwohner und Gewerbetreibende an Attraktivität gewonnen.
In der Waldsiedlung am Alten Kiefernweg befindet sich das ehemalige Wohnhaus des sozialistischen Schriftstellers und Arztes Friedrich Wolf, der unter anderem mit seiner Geschichte von der Weihnachtsgans Auguste berühmt geworden ist. Ihr verdankt auch der jährlich stattfindende Oranienburger Weihnachtsmarkt seinen Namen. Für die Bewahrung und Anschauung seines literarischen Erbes befindet sich in dem Haus die „Gedenkstätte Friedrich Wolf“. Seit 1992 organisiert sie literarische Veranstaltungen und literaturwissenschaftliche Symposien. Besonderer Beliebtheit erfreut sich das jährliche Frühlingsfest mit prominenten Künstlern.
Im Norden von Lehnitz, an der Lehnitzschleuse befindet sich der Gedenkort Klinkerwerk. Seit 1938 mussten Häftlinge des KZ Sachsenhausen hier das weltweit größte Ziegelwerk errichten, um die Baustoffe für die gigantischen Bauvorhaben der NS-Führung in der Reichshauptstadt Berlin zu liefern. Dazu trieb die SS täglich bis zu 2.000 Häftlinge unter den Augen der Oranienburger Bevölkerung über die Kanalbrücke ins Klinkerwerk. Ab 1943 nutzte die SS das Gelände für die Rüstungsproduktion. In den Öfen des Klinkerwerks wurden Granatenrohlinge geglüht. Bis heute befinden sich im Boden des Geländes sowie im davor liegenden Kanal die sterblichen Überreste zahlreicher Opfer. Seit Ende 2011 erinnert hier eine Freiluft-Ausstellung an sie.
Historische Entwicklung
Lehnitz kann inzwischen auf eine über 650-jährige Geschichte zurückblicken, der slawische Name Lentzen wurde 1350 erstmals in einer Urkunde erwähnt. Das Dorf gehört bis in das 19. Jahrhundert hinein zum landesherrlichen Amt Oranienburg. Das ehemalige Fischer- und Bauerndorf wechselt im Laufe der Jahrhunderte mehrmals seine Pächter. Im Jahre 1801 wohnen in Lehnitz 51 Einwohner in 6 Häusern.
Die Brüder Karl und Gustav Grütter kaufen 1873 den Gutsbezirk und schaffen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die Grundlagen für die Entwicklung von Lehnitz zu einem Erholungs- und Villenort, was dem Ort schließlich auch den Beinamen "Perle des Nordens" einbringt. 1877 fährt der erste Zug der Nordbahn nach Oranienburg und hält bei Bedarf auch in Lehnitz. 1890 erfolgt zudem der Anschluss an die Berliner Vorortbahn. Auf der Grundlage eines "Situationsplanes des Landhäuser-Bauterrains Lehnitzsee" beginnt 1889 die Parzellierung zwischen den Ufern des Lehnitzsees und den Wäldern des Königlichen Hofjagdreviers.
Aus dem ehemaligen Gutshaus wird das "Restaurant Lehnitzsee" und bis zur Jahrhundertwende folgen drei weitere Ausflugsrestaurants. Durch die 1893 eröffnete Badeanstalt mit Bootsverleih und dem Restaurant "Seelöwe", welches mit seinen großzügig angelegten Terrassen bis zu 600 Gästen Platz bietet und schließlich eines der größten Hotelrestaurants im Norden Berlins wird, zieht Lehnitz zunehmend Besucher aus der ehemaligen Reichshauptstadt Berlin an.
Der 1914 fertiggestellte Oder-Havel-Kanal ermöglicht dann auch die Anbindung an das Berliner Wasserstraßennetz. In den Sommermonaten laufen alle fünf Reedereien mit ihren Dampferflotten täglich den "Seelöwen" an. In Scharen strömen vor allem Berliner nach Lehnitz und finden hier Erholung und Entspannung von der Großstadt. Betuchte Berliner entdecken darüber hinaus auch die attraktive Wohnlage am See. Zahlreiche repräsentative Vorstadtvillen sind so entstanden, einige von ihnen wurden erst in jüngster Zeit umfangreich restauriert. Allein bis 1919 ist die Einwohnerzahl schon auf 444 gestiegen. Auch immer mehr Ein- und Familienhäuser entstehen im südlichen Teil, hinzu kommen zahlreiche Wochenendsiedler, die auf ihren Parzellen kleine Häuschen errichten.
Am 1. Juli 1922 begann mit der Bildung der Landgemeinde Lehnitz die kommunale Selbstverwaltung. In den darauffolgenden Jahren siedelte sich Handel und Gewerbe an, am Ende des 2. Weltkrieges wird die Schule errichtet. Während der Jahre 1941 bis 1943 wird im Norden die "Waldsiedlung" im Auftrag der "Versuchsstelle für Höhenflüge" gebaut und in den 90er Jahren unter Denkmalschutz gestellt. In den Nachkriegsjahren gründen sich Kulturvereine und in den Jahren 1956 bis 63 wird das Kulturhaus "Friedrich Wolf" errichtet, das bis heute das kulturelle Zentrum bildet. 1992 schließt sich Lehnitz mit den Umlandgemeinden Oranienburgs zusammen, das Amt Oranienburg-Land, mit Amtssitz in Lehnitz, wird gegründet. Seit 2003 gehört Lehnitz zu Oranienburg. Viel wurde seitdem in die Infrastruktur investiert - zahlreiche neue Eigenheime, Mehrfamilienhäuser und Infrastrukturprojekte wie die neue Turnhalle sind seither entstanden.
Die Nationale Volksarmee bezog 1975 ein großes Gelände am Mühlenbeckerweg. Nach der Wende nutzte die Bundeswehr bis 2006 das Gelände als Märkische Kaserne. Etwa 3000 Soldaten der 3. Batterie des Panzerartilleriebataillons 425 waren hier stationiert. Sogar einen Patenschaftsvertrag schlossen die Lehnitzer mit dem Bundeswehr-Standort ab.
In der Magnus-Hirschfeld-Straße befindet sich das ehemalige jüdische Erholungsheim. Bis zur Machtergreifung der Nazis diente das 1899 gegründete Heim bedürftigen jüdischen Menschen als Erholungsort. Um überlebensfähig zu bleiben, wurde es ab 1934 zu Erholungsheim, Kinderheim, Hauswirtschaftsschule und Tagungszentrum erweitert. Der damaligen Leiterin Frieda Glücksmann ist es zu verdanken, dass sich während des braunen Terrors hier noch für einige Jahre jüdisches Leben entfalten und Schutz finden konnte vor der Verfolgung der Nazis. Doch von den antisemitischen Ausschreitungen in der Pogromnacht blieb auch das Erholungsheim nicht verschont. Die Heimbewohner mussten fliehen und der Betrieb wurde eingestellt. Nach wechselnder Nutzung war das ehemalige Heim zuletzt ein Internat mit Förderschule. Dieses zog 2004 aus, seitdem stand das Haus leer. Nun hat die Jewish Claims Conference einen neuen Eigentümer gefunden, mit dem bald wieder Leben in das Haus einziehen soll
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