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01.08.2019

Bundesweit einmaliges Projekt: Eigene KMBD-Außenstelle für die Stadt

Oranienburg ist seit dem 1. August – bundesweit einzigartig – zur Modellregion bei der Kampfmittelbeseitigung geworden.

Rund 260 Blindgänger mit chemischem Langzeitzünder werden noch in der Oranienburger Erde vermutet. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, diese zu finden und gegebenenfalls unschädlich zu machen, bevor es zu Selbstdetonationen kommt. Deshalb fordert die Stadt seit vielen Jahren immer wieder mit Nachdruck die Unterstützung durch Land und Bund bei der Kostenübernahme für die Bombensuche und deren Neutralisierung ein.

Nun hat Oranienburg mit der Modellregion einen bedeutenden Etappensieg errungen. Zum Start des Pilotprojektes machten sich Ministerpräsident Dietmar Woidke, Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz sowie Innenminister Karl-Heinz Schröter gemeinsam mit Bürgermeister Alexander Laesicke und Landrat Ludger Weskamp ein Bild der Lage vor Ort.

 

KMBD wird »Sonderordnungsbehörde«

Alexander Laesicke sagte: „Oranienburg ist dankbar, dass durch die ‚Modellregion Kampfmittelsuche‘ der in Deutschland einzigartigen Belastung unserer Stadt Rechnung getragen wird. In den kommenden Jahren liegen weitere Herausforderungen vor uns. Dazu zählen die Verstetigung der finanziellen Förderung der systematischen Kampfmittelsuche oder für wasserfreie Bergegruben, eine noch bessere Abgrenzung der Zuständigkeiten, eine bessere Verzahnung der Abstimmungen zwischen den Behörden und insgesamt eine weitere Beschleunigung der Suche. Gerade in jüngerer Vergangenheit erkennen wir jedoch den deutlichen Willen, gemeinsam Lösungen zu finden.“

Der Kampfmittelbeseitigungsdienst (KMBD) wird nun als sogenannte Sonderordnungsbehörde auf dem Gebiet der Stadt Oranienburg tätig werden. Das heißt: Der KMBD hat erstmals eine eigene Außenstelle in der Hans-Grade-Straße 4 im Gewerbegebiet Süd bezogen. Sprengmeister André Müller und sein erfahrenes Techniker-Team, das zusätzlich mit Mitarbeitern aufgestockt wird, ist nun ausschließlich für die Stadt Oranienburg tätig und wird probeweise für zunächst drei Jahre zusätzliche Aufgaben übernehmen, um die Kampfmittelbeseitigung und Bombenentschärfung in der Stadt noch effektiver zu organisieren.

Neu geregelt ist auch, dass der Kampfmittelbeseitigungsdienst Räumverfahren von gewerblichen Kampfmittelräumfirmen freigeben muss und die fachgerechte Ausführung der Kampfmittelbeseitigung kontrollieren kann. Die Kampfmittelfreiheitsbescheinigung stellt außerdem nur noch der KMBD mit seinen Experten aus.

 

»Generationenaufgabe Kampfmittelbeseitigung«

Darüber hinaus ist es der Stadt Oranienburg freigestellt, im begründeten Einzelfall auch bereits bei niedrigeren Gefahrenlagen aktiv zu werden. Hierbei kann das Land die Stadt Oranienburg finanziell unterstützen. Insgesamt sind für die Jahre 2019 und 2020 jetzt auf Landesebene rund vier Millionen Euro zusätzlich für Personal- und Sachkosten vorgesehen. Landesweit stehen dem Kampfmittelbeseitigungsdienst 2019 insgesamt 15,4 Millionen Euro und 2020 insgesamt 16,4 Millionen Euro für die Aufgabenerfüllung zur Verfügung.

Ministerpräsident Dietmar Woidke sagte zum Auftakt der Modellregion: „Die Kampfmittelbeseitigung ist eine Generationenaufgabe. Sie kostet immense Summen. Für die Beseitigung des Kriegserbes stellte das Land Brandenburg seit 1991 über 400 Millionen Euro zur Verfügung und machte sich wiederholt für eine Übernahme der Kosten für die Beseitigung von alliierten Kampfmitteln durch den Bund stark. Ich begrüße ausdrücklich, dass auch der Bund seine Verantwortung für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe anerkennt und bis zur Hälfte der Kosten für die Beseitigung alliierter Munition übernimmt.“

Auch der Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz brachte gute Nachrichten für Oranienburg mit: „Der Bund unterstützt die Länder auch in den kommenden Jahren finanziell bei der Räumung alliierter Kampfmittel: Bis 2021 stehen dafür im Bundeshaushalt 60 Millionen Euro zur Verfügung. Dieses Geld muss von den Ländern rasch eingesetzt werden. Es ist gut, dass das Land Brandenburg mit der ‚Modellregion Oranienburg‘ vorangeht und die Bevölkerung in einem besonders betroffenen Gebiet damit noch besser schützt.“

Dennoch forderte Innenminister Karl-Heinz Schröter mit Blick auf die neue Sonderstellung Oranienburgs: „Die Modellregion ist ein wirksames Instrument, um die Beseitigung der Bomben zu beschleunigen. Ich danke vor allem Ministerpräsident Dietmar Woidke und dem Landtagsabgeordneten Björn Lüttmann. Ohne ihr jahrelanges Engagement und ihre Beharrlichkeit hätte es weder eine ‚Modellregion Oranienburg‘ noch eine – wenn auch sicherlich ausbaufähige – Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Beseitigung alliierter Munition gegeben. An diesem Thema müssen wir auch weiterhin dranbleiben. Dieses Engagement hat sich gelohnt - und den Nutzen haben die hartgeprüften Einwohner der Stadt Oranienburg, in der das gefährliche Erbe des Zweiten Weltkriegs immer noch so präsent ist wie nirgendwo sonst in Deutschland.“