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04.11.2019

Oranienburgs Jugendbeirat gestaltet die Stadt mit

Dranbleiben und mitmischen: An die 15 Mitglieder engagieren sich seit 2015 im Jugendbeirat, setzen sich für die Belange junger Oranienburgerinnen und Oranienburger ein und nehmen so Einfluss auf die Stadtentwicklung.

Freitagnachmittag, Beratungsraum der Stadtbibliothek: Chips und Cola stehen auf dem Tisch. In der Ecke liegen Demo-Plakate. Jemand hat die „drei goldenen Regeln“ der Kommunikation auf das Flipchart geschrieben. Die Luft im Raum könnte besser sein. Vier junge Männer zwischen 16 und 22 Jahren sitzen um einen Laptop und ackern sich mit großer Ernsthaftigkeit durch die Tagesordnung der Sitzung des Jugendbeirates. „Alle anwesend? Sind wir abstimmungsfähig? Wer führt Protokoll? Ergänzungen zur Tagesordnung? Bitte um Handzeichen.“ Alle zwei Wochen wiederholt sich dieser strukturierte Ablauf, wenn sich die Mitglieder des Oranienburger Jugendbeirates, kurz und knackig JBR genannt, treffen. Diese Sitzungen unterscheiden sich in ihrer Professionalität kaum von denen eines Ortsbeirates oder eines Ausschusses der Stadtverordneten – mit dem kleinen Unterschied, dass es Chips und Cola gibt.

So ist der Jugendbeirat entstanden

Gleich vorne weg: Der Jugendbeirat hat keine Entscheidungsbefugnisse. Wichtig ist er dennoch. Die Jugendlichen können sich gemeinsam über ihre Wünsche im Klaren werden, Ideen entwickeln, Ziele formulieren und haben mit dem Beirat ein offizielles Organ, um aus ihrer Sicht auf Positives wie Negatives in der Stadt aufmerksam zu machen. Hervorgegangen ist der Jugendbeirat 2015 aus einem städtischen Beteiligungsprojekt, dem ersten Jugendforum. „Dabei äußerten Jugendliche erstmalig den Wunsch, sich regelmäßig für die Belange junger Menschen einsetzen zu können. Ich habe ihnen die Möglichkeiten des Jugendbeirates erklärt, der schon in der Hauptsatzung verankert war, aber bis dahin nie mit Leben gefüllt wurde“, erinnert sich Oranienburgs Jugendkoordinatorin Angela Mattner. Seither engagieren sich Heranwachsende zwischen 14 und 26 Jahren in wechselnder Besetzung und mit einer Stärke von bis zu 15 Mitgliedern im Oranienburger Jugendbeirat. Alle zwei Jahre wird neu gewählt. „Dass es junge Menschen gibt, die sich mit solcher Kontinuität und Ernsthaftigkeit engagieren, ist aus meiner Sicht nach vier Jahren JBR der größte Erfolg. Die Systeme haben sich ja nicht verändert. Es sind nach wie vor  Erwachsenensysteme“, so Angela Mattner weiter.

Arbeitsweise und Themen des Jugendbeirats

Sich in einem 14-tägigen Turnus mehrere Stunden lang über Oranienburgs Jugendbelange auszutauschen, das erscheint auch vor diesem Hintergrund äußerst „sportlich“. „Finden wir auch“, kontert der 16-jährige Tobias Fiedler lachend. Schließlich sind fast alle der aktuell neun stimmberechtigten Mitglieder noch Schülerinnen und Schüler oder Studenten und nicht selten in weiteren Projekten aktiv. Trotzdem ist es ihnen ein Anliegen, sich so regelmäßig zu treffen – wenn es sein muss auch häufiger. Denn Themen, die Jugendliche berühren und bei denen sie sich einbringen wollen, gibt es in Oranienburg reichlich, finden sie. Dabei geht es ihnen natürlich auch um die großen aktuellen Themen wie die Klimapolitik, die momentan die Jugend in ganz Deutschland bewegt. Viel wichtiger aber, das betonen die jungen Menschen immer wieder, ist es, sich ganz konkret mit den Bedürfnissen der Oranienburger Jugend auseinanderzusetzen. So diskutieren sie im Beirat über das geplante Jugendcafé in der Innenstadt, suchen dazu das Gespräch mit Einzelhändlern, beraten mit dem Innenstadtkoordinator über die jugendgerechte Gestaltung von Plätzen in der Bernauer Straße, organisieren die „Generation Youth Party“ oder Polit-Talks. Es gibt Zusammenarbeiten mit der Agenda 21, dem CJO bis hin zum Seniorenbeirat oder der Freiwilligen Feuerwehr. Denn ihr Blick ist auch geweitet für generationenübergreifende Themen wie Müll, Toiletten oder sozialer Wohnungsbau. „Die Frage etwa, wo ich in dieser Stadt als Student oder Auszubildender noch finanzierbar wohnen kann, wenn nicht bei den Eltern, beschäftigt viele“, stellen die JBR-Mitglieder klar. „Junge Menschen möchten ernst genommen werden und erwarten Antworten und Unterstützung“, ist auch die Erfahrung von Angela Mattner.

Sich aktiv einbringen

Ihre Anregungen oder Kritik können die jungen Leute direkt bei den Stadtverordneten platzieren: Die Mitglieder des JBR haben in allen Fachausschüssen Rederecht. „Wir teilen uns auf, sodass immer mindestens einer von uns bei einem Ausschuss anwesend ist“, erklärt der 22-jährige Gero Gewald. Sitzungstermine einzuhalten, auch wenn nicht jedes Ausschussthema sie sozusagen vom jugendlichen Hocker reißt, hat oberste Priorität. Dieses Dranbleiben am politischen Geschehen der Stadt und ihre Präsenz hat sich ausgezahlt, bestätigt die Jugendkoordinatorin: „Ich bin sehr beeindruckt von den jungen Menschen, die sich im JBR engagieren. Sie sind extrem ernsthaft bemüht, sich in das bestehende System und die kommunalpolitischen Regeln einzuordnen. Ich glaube, dass der Beirat etabliert ist. Alle, die denken, es bräuchte für ihr Anliegen auch die Abfrage der Meinung junger Menschen, wenden sich an den JBR. Das ist recht selbstverständlich geworden.“ Auch die Jugendlichen selbst fühlen sich von den Stadtpolitikern respektiert. Manch ein Abgeordneter hat sogar schon ihre Sitzungen besucht: „Das war ein klares Statement. Das war schon cool“, freut sich Tobias Fiedler, der seit drei Jahren im JBR aktiv ist.

Noch bekannter werden

In der Politik mittlerweile also gut verankert, hat der JBR momentan vielmehr ein anderes Problem: „Wie viele Jugendliche kennen uns denn überhaupt? Wir jubeln jedenfalls, wenn neue Leute kommen.“ Um den Beirat bekannter beim Oranienburger Nachwuchs zu machen, planen die Mitglieder nun einen Flyer und wollen sich besser mit den Schulen vernetzen und auch die Wahl eines Stadtschülersprechers auf den Weg bringen. 

Wer beim Jugendbeirat mitmischen will, braucht neben dem Interesse für die Stadt und an Jugendthemen zwar sicher auch ein Quäntchen Politikverständnis. „Doch Ahnung von Ausschüssen sind nicht Voraussetzung. Da wächst man rein und man bekommt sogar Weiterbildungen. Man kann also ungemein viel lernen – und jeder darf sich mit seinen Talenten einbringen. Wir haben jedenfalls noch niemanden abgelehnt“, sagt Gero Gewald. Es ist nicht einmal notwendig, in Oranienburg zu leben. Es reicht, wenn es engere Berührungspunkte, etwa durch die besuchte Schule, gibt. Tobias Fiedler aber bringt die wichtigste Voraussetzung auf den Punkt: „Man muss eben jugendlich sein.“



 

Wo erfahre ich mehr

Jugendkoordinatorin
Angela Mattner

(03301) 600 705
(0160) 90 49 57 93
mattner@oranienburg.de

Jugendbeirat

Die öffentlichen Sitzungen des Jugendbeirates finden im 2. Obergeschoss der Stadtbibliothek, Schloßplatz 2, statt. Einfach mal vorbeischauen!


Am 23. November findet wieder die "Generation Youth Party" im KellerKind Oranienburg statt - Party für 14- 28-Jährige. Los gehts um 17:30 Uhr.
www.jugendbeirat-oranienburg.de